Donnerstag, 5. Januar 2012

Udaipur - Die Stadt der Paläste

23:00 Uhr, wir sitzen im Bus nach Udaipur, die Volvo Klasse ist erstaunlich bequem und es ist WARM! Mit uns im Bus ist eine Europäerin und eine indische Reisegruppe. Wir richten uns gemütlich ein, um zu schlafen. Gott sei dank habe ich einen Kapuzenpulli und meinen MP3-Player. Adele und The Fray wiegen mich in den Schlaf. Nach ca. 2 Stunden werde ich das erste Mal wach, der Inder im Sitz neben uns, nur getrennt durch den Mittelgang, schnarcht, als wolle er ganz Rajasthan im Alleingang entwalden. In jedem Nachtbus gibt es einen Busschnarcher. Pech nur, dass er diesmal neben uns sitzt und so laut schnarcht, dass selbst mit Musik an Schlaf nicht mehr zu denken ist. Die beste Ehefrau von allen sitzt neben mir, hellwach und starrt an die Decke. Das Dumme ist ja, sobald man einmal das Schnarchen bemerkt hat, brennt es sich ja förmlich ins Bewußtsein ein. Selbst laute Musik übertönt das Schnarchen nicht mehr und in den wenigen kurzen Schnarchpausen ertappt man sich dabei, auf den nächsten Schnarchton quasi zu warten, in böser Erwartung zwar aber trotzdem. Unsere Nacht ist dementsprechend kurz, auch weil der Bus nicht wie angekündigt 8 1/2 Stunden benötigt sondern nur 6! D.h. wir kommen völlig übermüdet um 6 Uhr morgens am Busbahnhof in Udaipur an. Näch längeren Verhandlungen mit einem Rikschafahrer, der versichert, dass er weiß wo unser Hotel ist, fahren wir los. Wie immer muss er auf der Hälfte des Weges fragen wo es lang geht. Die Antwort scheint ihn ordentlich zu ärgern. Im Hotel angekommen, bezahlen wir den Fahrer wie ausgemacht, der sich furchtbar aufregt und mehr Geld verlangt, weil es viel weiter war als er dachte. Als wir ihm mitteilen, dass er uns doch versichert hat, dass er weiß wo unser Hotel ist und er daher überhaupt nicht überrascht sein kann, dass es so weit war überlegt er kurz, nickt und fährt weg. Um diese Uhrzeit ist eigentlich niemand an der Rezeption, unsere Ankunft hat aber wohl einen der Hotelmanager geweckt. Er kommt und begrüßt uns sehr freundlich und wundert sich, dass wir schon so früh da sind. Glücklicherweise ist unser Zimmer schon frei und wir können direkt rein. Das Zimmer ist ein absoluter Traum! Das wohl schönste Zimmer, in dem wir bisher gewohnt haben, nicht nur in Indien.

From India 2012

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Das ganze Hotel scheint vor nicht allzu langer Zeit komplett renoviert worden zu sein und erstrahlt in reinem Weiß. Sowohl Sauberkeit als auch Ausstattung und Verarbeitung entspricht deutschen Standards, nicht ganz normal für Indien.

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Das Personal ist sehr freundlich und wir genießen erstmal eine ausgiebige und HEISSE Dusche. Danach legen wir uns erstmal aufs Ohr, der Busschnarcher hat uns echt fertig gemacht! Als wir wieder aufwachen, haben wir leichten Hunger und frühstücken im Hotelrestaurant "Ambrai", das der Lonely Planet zu Recht als das wohl romantischste Restaurant in Udaipur bezeichnet. Es ist ein Terassenhotel direkt am See Pichola mit Blick auf des Luxushotel Taj, das auf einer Insel im See liegt (und in dem James Bonds Octopussy gedreht wurde).

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Auf der anderen Seite des Sees liegt der City Palace und weitere wunderschöne Palasthotels.

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In der Sonne ist es inzwischen auch schön warm und wir bestellen unser Frühstück. Das Personal ist bemüht, hat aber sichtlich Probleme sich eine Bestellung für zwei Personen vollständig zu merken, obwohl sie sie aufschreiben. Wir essen in den kommenden Tagen 4 Mal hier (Frühstück und Mittagessen) und kein einziges Mal schaffen sie es uns auf Anhieb das richtige zu bringen. Entweder fehlt etwas oder sie bringen zuerst etwas anderes. Abends ist es wohl deutlich besser, da dann auch deutlich mehr Kellner da sind, wobei gerade beim ersten Frühstück das Verhältnis Gäste zu Kellner 2:1 ist (also doppelt soviele Kellner als Gäste). Für heute haben wir uns sonst eigentlich nichts vorgenommen außer ein wenig in der Stadt rumzuschauen und genau das machen wir. Wir gehen zu einem Internetcafe und kommunizieren mal wieder mit der Welt, organisieren unseren Trip nach Goa (wir haben endgültig beschlossen, noch etwas Strand und Sonne zu machen) und gehen danach ins feine Jagat Niwas Hotel essen (genau gegenüber von unserem Hotel auf der anderen Seite des Kanals). Wir sitzen auf der Dachterasse mit Blick auf das beleuchtete Taj Hotel und den See. Einfach traumhaft! Diese Stadt ist unser absoluter Favourite in Indien bisher. Ruhiger und entspannter als Jaipur, kleiner und gemütlicher und dazu voller schöner Gebäude. Selbst die einfachen Häuser sind mit Malereien verziert und der See bzw. die Seen tun ihr übriges zur romantischen Stimmung. Selbst die Inder hupen hier weniger.
Da in unserem Hotel "Ameth Haveli" nur für zwei Nächte ein Zimmer frei war, fragen wir beim Jagat Niwas nach, ob wir nicht vom 30. auf den 31. bei Ihnen unterkommen und tatsächlich es ist genau noch ein Zimmer für einen Nacht frei. Wir nutzen unsere Zeit in Udaipur einfach für etwas Palast-Hopping.

Ein neuer Tag und ein neuer Anlauf das bestellte Frühstück zu bekommen, schlägt leider wieder fehl. Egal, heute besichtigen wir den City Palace, die größte Palastanlage in Indien. Die Anlage ist nicht nur riesig sondern auch so verschachtelt gebaut, dass man völlig die Orientierung verliert. Beeindruckend ist vor allem unser Audio Guide, der zu jedem nennenswerten Punkt interessante Informationen bereithält.

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Nach der Besichtigung des Palastes erfrischen wir uns bei einer Cola und laufen weiter zum Gallery Restaurant um High Tea einzunehmen. Das Restaurant enthält den vielleicht größten Bankettsaal Indiens, der für Hochzeiten gemietet werden kann. Zum Abschluß machen wir einen kurzen Abstecher zum Nobelhotel Shiv Niwas, in dem im Film Octopussy James Bond gewohnt hat. Es ist eigentlich Pflicht Octopussy zu sehen, solange man hier ist aber dazu später mehr.
Wir beschließen den Abend mit einem Abendessen im Udai Kothi, einem sehr schicken Boutique Hotel im Palaststil. Überhaupt scheint es hier an jeder Ecke Paläste oder palastähnliche Gebäude zu geben.

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Am nächsten Tag checken wir aus, frühstücken mit demselben Erfolg wie während der anderen Tag im Ambrai und fahren zu unserer neuen, etwas billigeren Unterkunft dem Rangniwas Palace Hotel. Das Hotel ist eigentlich sehr schön, allerdings sieht man ihm an, dass es die besten Tage hinter sich hat. Aber für den Preis ist es trotzdem spitze. Auf Anraten des Besitzers unternehmen wir einen Ausflug nach Shilp Gram, einem "Künstlerdorf" ca. 12 km außerhalb von Udaipur, in dem gerade eine Woche lang Kunst- und Markttreiben ist. Unser sehr netter Rikschafahrer "Opal" bringt uns sicher und ohne viel zu hupen dorthin. Der Unterhaltungswert des Dorfes hält sich allerdings stark in Grenzen. Direkt am Eingang finden diverse Tanzvorführungen statt, bei denen ausschließlich Männer, teils als Frauen verkleidet (ähnlich offensichtlich wie Tony Curtis und Jack Lemon in "Some like it Hot") traditionelle Tänze vorführen. Eventuell ist es ihnen zu heiß, zumindest beschränken sie ihre Bewegungen auf das absolute Mimimum, was das ganze Konzept "Tanz" etwas ad absurdum führt. Daneben kann man auf geschmückten Kamelen reiten und an unterschiedlichsten Ständen Schmuck, Textilien, Marionetten und andere Dinge kaufen. Leider gibt es keine richtige Kunst oder Kunsthandwerk, die meisten Sachen sind eher nette Stoffe und Haushaltssachen. Zumindest scheint es ein beliebter Platz zum Einkaufen zu sein für die lokalen Frauen.

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Zwischendurch gibt es eine ganze Reihe von Essensständen. Kunst gibt es zum einen in einem "Skulpturenpark" zu sehen und in der vielleicht traurigsten "Kunstgalerie" der Welt. Die Galerie ist ein Betonbau mit Flachdach aus Stroh, bei dem sie wohl die Fenster vergessen haben, eine kleine traurige Tür ist der einzige Zugang und leider auch die einzige Lichtquelle, da es auch keine Elektrizität gibt. An den Wänden sind Gemälde aufgehängt, die man mit etwas gutem Willen als "Naive Malerei" bezeichnen kann (oder mit anderen Worten, die Bilder sehen aus, als hätte sie ein begabter 10-jähriger gemalt). Aufgrund der Beleuchtungssituation erkennt man nur die Bilder, die in der Nähe des Eingangs hängen, alle anderen Bilder sind im Halbdunkeln nur schemenhaft zu erkennen. Vielleicht ist das aber auch so gewollt und wir haben es nur nicht verstanden. Da wir nichts kaufen wollen und es eigentlich nichts sonst zu sehen gibt, sind wir nach 40 Minuten mit der Besichtigung fertig.

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Gerade als wir uns zum Ausgang bewegen, sehen wir die Tanzgruppe wieder auftreten. Ein Europäer, glatzköpfig, weiß, Bierbauch, wird aufgefordert mitzutanzen und das läßt sich ein Tourist nicht zweimal sagen. Mit Elan schwingt er seine 100 kg auf die Tanzfläche und versucht sich rhythmisch und irgendwie "indisch" zu bewegen. Dabei schmiegt er sich sichtlich erfreut an die stark geschminkte Mann-Tänzerin. Wir schämen uns eine Runde fremd und verlassen das Dorf. Auf dem Rückweg beschließen wir im Jagat Niwas zu Mittag zu essen. Inzwischen haben wir uns an die indische Geschwindigkeit angepasst, d.h. wir machen einfach alles langsamer und deshalb beschließen wir uns heute nur noch einen Tempel anzuschauen und uns beim Abendessen James Bonds "Octopussy" anzuschauen. Der Hindu-Tempel ist vor allem von außen recht beeindruckend. Die Außenwände sind komplett mit Figuren verziert, die Frauen und Tiere darstellen.

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Wie bei jedem Tempel finden sich auch hier relativ viele Bettler und jeder will Geld für irgendwas. Aber zumindest sind es jeweils nur ein paar Rupees.

Um 19 Uhr pünktlich zur Vorstellung von Octopussy finden wir uns auf der Dachterasse eines Restaurants ein und stellen fest, dass wir die einzigen Gäste sind. Deshalb ist wohl auch niemand darauf vorbereitet, tatsächlich den Film zu zeigen. Wieder einmal zeigt sich Indien in seiner schönsten und kuriosesten Form. Obwohl dieses Restaurant seit Jahren JEDEN Abend Octopussy zeigt oder zumindest damit Werbung macht, dauert es geschlagene 30 Minuten und es bedarf der Hilfe von 4 Indern, um den Film zum laufen zu bringen. Es scheint tatsächlich. als würden sie das zum allerersten Mal machen. Auf Nachfrage versichern sie uns lächelnd, dass sie das jeden Tag machen. Offensichtlich ist das Bedienen eines DVD-Players eine nieversiegende Quelle von Überraschungen für sie. Zuerst wird alles aufgebaut, Leinwand, Beamer, DVD-Player, Verstärker, PC-Lautsprecher, etc. Dann wird erstmal 10 Minuten die DVD gesucht. Das ist die erste Herausforderung. Die DVD ist eigentlich eine VDC. Octopussy sieht aus, als hätte man eine Videokassette aus den 80ern genommen, nachdem sie 100 Mal angeschaut wurde und dann mit dem billigsten Programm auf eine VCD gebrannt. Bei grisseligem Bild und noch schlechterem Ton schauen wir die ersten 5 Minuten, bevor die VCD hängt und das Bild einfriert. Die zwei übriggebliebenen Inder schauen vergnügt auf das Standbild und scheinen fasziniert zu sein. Auf unsere Aufforderung irgendetwas zu machen, reagieren sie mit Verwunderung. Standbild schauen ist doch eigentlich auch ganz schön. Einer nimmt die VCD raus und putzt sie an seinem T-Shirt, das wohl auch schon seit einiger Zeit kein Wasser mehr gesehen hat. Zumindest können wir nach einiger Zeit wieder die ersten 5 Minuten anschauen. Auf meine Frage hin, ob er nicht vorspulen könnte, antwortet einer von beiden erfreut mit "Yes", allerdings ohne dass dies in tatsächlichem Vorspulen mündet, vielmehr war es wohl nur die Versicherung, dass er in der Lage ist, vorzuspulen aber anscheinend keinerlei Ambitionen hat. Also schauen wir wieder die ersten 5 Minuten bis zu der Stelle, an der die VCD offensichtlich hängt. Kein Problem denkt sich der kluge Inder und holt die VCD wieder raus, schaut sie an und tut sie wieder zurück. Und schon geht es los mit Octopussy, die ersten 5 Minuten, Deja vu, wortwörtlich! Wieder angekommen beim Standbild merken auch unsere indischen Freunde, dass es so wohl nicht funktioniert. Etwas ratlos rufen sie nach den anderen beiden, die schon beim Aufbau geholfen haben. Und tatsächlich, einer von beiden hat eine brilliante Idee. Statt der 10 Jahre alten, völlig heruntergekommenen VCD mit der ältesten noch existierenden Kopie von Octopussy könnte man doch auch die ANDERE DVD nehmen. Die andere DVD ist, wie sich herausstellt, die digital remasterte DVD in der Platin Edition mit perfektem Bild und Ton. Die scheint wohl sonst nur für besondere Gäste bestimmt zu sein oder sie hatten einfach vergessen, das sie die haben. Bei lecker Essen genießen wir endlich Octopussy und entdecken einige Plätze im Film, die wir tags zuvor besucht haben.

Am nächsten Tag ziehen wir um ins Jagat Niwas.

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Und genießen erstmal das Frühstück, das erste Mal seit langem bekommen wir genau das, was wir bestellt haben! Die Aussicht ist einfach traumhaft. Wir genießen die Sonne, lesen und machen einfach nichts für eine Weile. Nachmittags machen wir uns auf den Weg zum Garden Hotel, wo es eine Ausstellung mit Oldtimern gibt, die meisten aus dem ehemaligen Besitz des Maharadschas. Hier steht unter anderem der Rolls Royce Phantom II aus Octopussy, sowie einige weitere sehr seltene Stücke der Automobilgeschichte wie z.B. ein Rolls Royce Geländewagen, handgefertigt für den Maharadscha.

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Nach dem Mittagessen im Garden Hotel machen wir einen Abstecher zum Lake Pichola Hotel, um auf deren Dachterasse Mittag zu essen. Das Lake Pichola ist ein weiteres "Heritage Palace Hotel", direkt am See und unsere letzte Unterkunft in Udaipur.

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Für die Sylvesternacht haben wir uns hier eine Suite genommen. Die Dachterasse ist genau gegenüber des Jagat Niwas und hat einen Pool und eine Bar. Wir genießen die Aussicht und beschließen uns Abends eine Tanzvorführung im "Notable Building" (laut Lonely Planet) anzuschauen. Die Vorführung dauert eine Stunde und findet in einem Innenhof eines ehemaligen Palastes statt, der auch schon bessere Zeiten gesehen hat. Die Toilette auf dem Weg zur Bühne stinkt zumindest bestialisch. Dafür ist die Vorführung sehr sehenswert. Bis auf eine etwas übergewichtige Tänzerin, die zwischendurch den Tanz unterbrechen muss, um sich an der Wand abzustützen und Luft zu holen, lohnt sich das wirklich.

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Danach gehts zum Essen in unser Hotel, wo wir nochmal die Aussicht auf den See und das Taj Hotel genießen.

Ein neuer Tag, ein neuer Palast. Wir ziehen nach dem Frühstück ins Lake Pichola Hotel und staunen über unsere Suite. Unser Zimmer ist einfach nur groß!

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Geschätzte 35 qm mit einer Sitzecke mit Blick auf den See und einer Schaukel. Man gönnt sich ja sonst nichts. Wir verbringen den Tag mit schlendern durch die Stadt, etwas Shopping und der richtigen Besichtigung des "notable Buildings", bevor wir auf der Dachterasse unseres Hotels zu Abend essen.
Um 24:00 Uhr stehen wir In Udaipur, Indien, auf der Dachterrasse und genießen das Feuerwerk, das um uns herum stattfindet. In trauter Zweisamkeit und mit einem Kuss von der besten Ehefrau von allen beginnt das Jahr 2012!

Unser letzter halber Tag in Udaipur bricht an. Wir unternehmen noch eine Bootsfahrt zur Insel Jagmandir, auf dem Lake Pichola bevor es zum Bus geht. 16 Stunden Busfahrt über Nacht nach Mumbai! Na dann gute Nacht!

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